MagicTales

Calista

Wie einige von euch ja wissen, schreibe ich neben meinen vielen anderen Projekten auch an meinem Roman. Er ist aktuell zwar noch in Arbeit, aber ich möchte euch gerne einen Auszug aus dem ersten Kapitel präsentieren. In diesem Fall war es so, dass die Geschichte erst da war und das Bild später hinzukam. Auf der Suche nach Bildmaterial für ein neues Composing bin ich damals auf die Ausgangsbilder für dieses Composing gestoßen und mir kam direkt das Bild von Calista, einer der Figuren aus meinem Roman in den Kopf. Und so ist dieses Bild zu meinem ersten Kapitel entstanden. 

Ich wünsche euch jetzt viel Spaß beim Lesen des ersten Kapitels aus meinem Buch „Die verborgenen Siegen – Band 1 Der Rat der Weisen“.

Kapitel 1 Die Leiche vor dem Tor

Es war bereits weit nach Mitternacht, als er endlich zum Stehen kam und heftig nach Luft schnappte. Seine Lungen verlangten begierig nach Luft und zogen sich schmerzhaft zusammen, als er es wagte, für einen kurzen Augenblick Luft zu holen. Ihm war bewusst, dass er nicht die geringste Chance gegen sie hatte. Er schallte sich selbst einen Narr und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie er sich nur auf ihr gefährliches Spiel einlassen konnte. Eine Dummheit, die er nun mit seinem Leben bezahlen würde. Er zwang sich weiter zu laufen, doch sein gesamter Körper schrie vor Erschöpfung und ließ ihn schon nach kurzer Zeit erneut innehalten. Immer noch um Atem ringend blieb er am Fuß der Treppe stehen und blickte sich zu allen Seiten nervös um. Auf der Suche nach irgendeinem Hinweis, der ihr Kommen ankündigte. Doch nichts dergleichen war zu sehen oder zu hören. Er spürte nur die Kälte, die sich langsam in seinem Körper schlich, sich ausbreitete und ihn festzuhalten schien. Sein Herz hämmerte wie wild gegen seine Brust und er betete darum, dass sie es in dieser Stille nicht hören würde. Sollte dies geschehen, hätte endgültig sein letztes Stündchen geschlagen. Er hatte schon davon gehört und genau wie bei all den anderen zuvor, war es diese Kälte, was ihm am meisten ängstigte. Lautlos wie ein Tier auf der Jagd, trat sie mit einem Mal aus dem Schatten und stand unmittelbar vor ihm. Unfähig auch nur irgendeinen Laut von sich zu geben, taumelte er zurück und stolperte über die erste Stufe, die hinter ihm hinauf zur Universität führte. Der einzige Ort an dem er sicher gewesen wäre, an dem sie nichts hätte ausrichten können. Der Ort an dem sie genau wie alle anderen war. Langsam kam sie auf ihn zu und ein gefährliches Lächeln umspielte ihre sinnlichen Lippen. Er stieg die ersten Stufen hinauf. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte zu versuchen, ihr zu entkommen. Egal wo er sich verstecken würde, sie würde ihn finden. Sein menschlicher Geruch würde ihn jedes Mal aufs Neue verraten.

„Bitte, ich werde niemanden erzählen was ich gesehen habe. Ich flehe dich an, verschone mein Leben und ich werde dir geben, was auch immer du von mir verlangst…“

Sie legte sich einen Finger an den Mund und er verstummte augenblicklich. Sie hielt inne und blickte mit einer gewissen Befriedigung auf dieses kleine Häufchen Elend vor sich, welches vergeblich um sein Leben winselte. Er erinnerte sie an einen räudigen Köter, der versuchte die Zuneigung seines Herrchens zurück zu gewinnen. Einerseits war es traurig um ihn, schließlich hatte er ihr gute Dienste erwiesen und zwar in allen Belangen die man sich nur vorstellen konnte. Aber genau wie alle anderen zuvor, war auch er ersetzbar. Bedeutungslos in ihrem Spiel, das gerade erst begonnen hatte.

Ihr ohnehin schon hautenges rotes Kleid, spannte sich noch extremer um ihren wohlgeformten Körper, als sie sich zu ihm hinab beugte. Dabei fielen ihre braunen Haare nach vorne und verströmten einen verführerischen Duft. Er ertappte sich dabei, wie er sie in Gedanken liebte und schrak vor sich selbst zurück. Und erst jetzt, nach so langer Zeit bei ihr, bemerkte er, dass sie keinen Schatten besaß. Ein weiteres Merkmal, welches sie von den sterblichen noch deutlicher Unterschied. Sanft strich sie ihm über den Kopf. Ein wohliger Schauer überkam ihm und er konnte nicht anders und erlag ihrem Zauber. Sie ließ es zu, dass er sich zu ihren Füßen warf und sie berührte.

„Ich danke dir…“

Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und hob es an. Er hatte keine andere Wahl, er musste ihr direkt ins Gesicht blicken. In diese geheimnisvollen wunderschönen Augen, die so tief wie das Meer wirken und so schwarz wie die Nacht waren. Augen in denen man sich verlieren konnte. Für einen Moment musterte sie ihn aufmerksam. Nicht die geringste Gefühlsregung entging ihr. Sie konnte in seinen Augen Angst erkennen, aber auch immer noch das Verlangen nach ihr, trotz allem was er zuvor gesehen hatte. Sie hatte also noch immer Macht über ihn und konnte sein Verlangen für sich nutzen, um ihren teuflischen Plan weiter voranzutreiben. Schließlich nährte sie sich und küsste ihn. Die Intensität ihres Kusses ließ ihn erneut erschauern und sie konnte die deutliche Wölbung in seiner Hose spüren, als er sich zu ihr hochzog und sie an sich presste und nach mehr verlangte. Sie ließ es für einen Moment zu, dass er sie zärtlich berührte und stöhnte lustvoll auf. Er öffnete seine Hose, schob ihr Kleid nach oben und zog sie schließlich zu sich. Sie fuhr mit den Händen unter sein Hemd und streifte es von seinen Schultern. Sie bedeckte seinen gesamten Oberkörper mit brennenden Küssen. Er hatte das Gefühl, als ob sein Körper in Flammen stand, doch trotz der Schmerzen die er empfand, wollte er mehr. Abrupt löste sie ihre Lippen von seinen. Enttäuscht blickte er auf. Sein Blick verriet, dass er sich nicht so einfach geschlagen geben würde, jetzt da er sich in Sicherheit wähnte. In seinen Augen spiegelte sich ein wildes Tier, welches bereit war, sich jeden Augenblick auf seine ahnungslose Beute zu stürzen. Doch sie war nicht die Beute. Ihre Arme ruhten noch immer auf seinen Schultern und ihre Hände strichen sanft über seinen Nacken. Sie konnte sein Verlangen nach ihr deutlich spüren. Aber im Gegensatz zu ihm, hatte sie ihre Gefühle, sofern sie überhaupt welche besaß, unter Kontrolle und ließ sich nicht davon lenken. Mit einem bloßen Fingerschnipp konnte sie ihn ohne Mühe dazu bringen, genau das zu tun was sie wollte. Erneut beugte sie sich nach vorne und hauchte ihm verführerisch ins Ohr: „Sei gewiss, du brauchst dir wegen dem, was du gesehen hast keine Sorgen zu machen, denn ob du es glaubst oder nicht, ich habe noch eine wichtige Aufgabe für dich. Die nur du erledigen kannst.“

Sie lachte auf und noch ehe er etwas erwidern konnte, durchstieß sie seine Brust mit der bloßen Hand und umklammerte sein Herz. „Du wirst derjenige sein, der sie erst auf meine Spur bringen wird.“

Ein erstickter Schrei durchbrach die Stille. Blut lief über seine Lippen und tropfte an seinem Kinn hinab. Langsam zog sie ihre Hand zurück und ließ ihn zu Boden sacken. Nicht ein einziger Tropfen Blut war auf seiner Brust zu sehen. Nur das in seinem Gesicht zeugte von ihrer Grausamkeit. Sie hatte die Gabe, alles zu durchdringen was sie nur wollte. Ein letztes Mal strich sie über seinen Kopf und küsste ihn auf die Stirn. Zufrieden betrachtete sie das dunkle Mal darauf, dass sich nun langsam ausbreitete und eine abstrakte Form annahm. Sie richtete sich auf, strich ihr Kleid glatt und wischte sich den Lippenstift vom Mund.

„Hast du wirklich geglaubt, ich hätte dich verschont? Du warst schließlich von Anfang an dazu verdammt, zu sterben.“ Sie lächelte und wirkte fast traurig dabei. „Eigentlich schade um dich, du warst im Gegensatz zu den anderen ziemlich gut im Bett.“ Dann verschwand sie genauso schnell wie sie aufgetaucht war und nur der Schatten wusste, wo sie sich befand.

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Schon seit Stunden wartete Archimedes angespannt auf Chronos, der hoffentlich eine erlösende Botschaft brachte. Eine Botschaft, die die vergangen Ereignisse logisch erklären würde, wie es für die Wissenschaft üblich war. Als endlich die Tür aufschwang und Chronos angespannt hineintrat, wusste Archimedes, dass es sinnlos war, noch zu hoffen, dass sie sich geirrt hatten. Doch nach Chronos Aussage war klar, dass die restlichen Siegel wieder aufgetaucht waren und nun in großer Gefahr schwebten.

„Ich kann es nicht verstehen. Warum jetzt. All die Jahre gab es keinerlei Anzeichen. Und nun? Nun haben wir kaum noch Zeit, um angemessen zu reagieren. Archimedes, wir sind alt. Wir haben nicht die geringste Chance, sie zu beschützen. Nicht gegen sie.“

Archimedes rieb sich die Stirn, sein immer schlimmer werdender Kopfschmerz wurde durch Chronos Litanei nicht gerade besser. Er wusste nur zu gut, was alles auf dem Spiel stand. Er selbst hatte schließlich als Kind mit ansehen müssen, wie eins der Siegel brach und daran elendlich zu Grunde ging. Sie waren gerissen vorgegangen. Nie im Leben wären sie darauf gekommen, dass diese junge Frau, die nur so vor Leben sprühte, ein Siegel war. Erst im aller letzten Moment, wo sie nichts mehr ausrichten konnten, offenbarte sich ihre wahre Natur. Die Schreie würde Archimedes sein Leben lang nicht mehr vergessen. Und noch heute, viele Jahre später, suchte eben diese junge Frau ihn in seinen Träumen heim und erinnerte ihn jedes Mal erneut daran, dass seine Vorfahren schon einmal versagt hatten. Doch im Gegensatz zu damals, durften sie jetzt nicht die Nerven verlieren, denn das war es schließlich, was sie wollten. Chronos war der Jüngste unter ihnen und noch nicht so lange an der Universität wie Archimedes, der sein ganzes Leben hier verbracht hat. Doch Archimedes war sich sicher, dass Chronos die Zusammenhänge noch verstehen würde, doch vorerst musste er es schaffen, ihn zu beruhigen, damit die Angelegenheit nicht drohte zu eskalieren.

„Was willst du von mir Chronos? Glaubst du etwa ich wüsste das nicht.“

„Du fragst dich tatsächlich, was ich will? Ich will das du die Augen nicht vor dem offensichtlichen verschließt. Die Welt beginnt auseinander zu brechen und die Siegel werden schwächer. Und wenn ich Recht habe, gibt es mittlerweile nur noch drei. Sieh mich an und sag mir nicht, dass du es nicht auch schon gespürt hast.“

„Beruhig dich endlich. Denn ob du es glaubst oder nicht, ich habe bereits erste Vorkehrungen getroffen. Doch bevor alles weitere in die Wege geleitet wird, werden wir uns zunächst mit dem Rat treffen und darüber…“

„Der Rat?“ Chronos blickte auf. „Der Rat ist machtlos und schwach. Du willst nicht wirklich das Schicksal der Welt alten Männern anvertrauen. Und wenn wir mal ehrlich sind, wissen wir nichts über die Siegel oder wo sie sich in diesem Augenblick befinden. Woher wollen wir wissen, ob nicht sogar einer von unseren Zöglingen, eins der gesuchten Siegel ist? Vielleicht ist eines der Siegel direkt vor unserer Nase und wir sitzen hier nur herum und diskutieren darüber, was getan werden muss.“

Archimedes rieb sich die Stirn und erhob sich.

 „CHRONOS ES REICHT! Der Rat ist nicht umsonst da. Du bist der Jüngste von uns und ich kann verstehen, dass dir manche Sachen noch nicht ganz klar erscheinen, aber…“

Chronos drehte sich zu Archimedes und packte ihn an den Schultern. „Verdammt nochmal, sieh es endlich ein, wir sind bloß ein Relikt aus der alten Zeit. Nichts weiter als gebrechliche alte Männer, die nur reden können, aber nichts bewirken.“

Archimedes befreite sich aus seinem Griff und ging zum Fenster hinüber. Der frische Wind streifte sein Gesicht und ließ ihn wieder klarer denken.

„Nein, sind wir nicht.“

„Was, wie war das gerade?“

„Wir sind mehr als das. Wir sind die Bewahrer des Wissens. Und ja, wir sind auch alt. Aber ist es nicht gerade das, was uns ausmacht? Wir wissen was geschehen muss und was passieren wird, wenn wir versagen.“

Chronos wollte gerade etwas erwidern, als die Tür zur Bibliothek aufschwang und einer der Pagen hereinstürmte. Er war kreidebleich und rang nach Atem.

„Ihr müsst sofort kommen, es ist etwas Furchtbares passiert.“

Chronos und Archimedes wechselten besorgte Blicke und folgten dem Pagen schließlich nach draußen. Vor dem Tor der Universität hatte sich bereits etliche Schaulustige versammelt und tuschelten aufgeregt miteinander. Aasgeier wie Archimedes sie insgeheim nannte. Unwissende, die über das Leid anderer herzogen und nicht wussten, wo die Grenze war. Ein gewisses Entsetzten lag in der Luft, als Chronos und Archimedes sich einen Weg durch die umher stehenden Menschen bahnten. Als sie endlich erkannten, um was es ging, blieben auch sie wie angewurzelt stehen und zogen hörbar die Luft ein. Genau wie die anderen, waren sie im ersten Moment entsetzt. Nicht zum ersten Mal kam ein Mensch auf mysteriöse Art und Weise ums Leben. Balthasar blickte auf als er die beiden hörte, deckte die Leiche wieder ab und ging zu ihnen hinüber.

„Er war noch warm, als man ihn vor wenigen Stunden hier fand.“

Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, ging Archimedes an Balthasar vorbei und kniete sich neben die Leiche. Er hob das Lacken ein Stück an und betrachtete sich das Gesicht des jungen Mannes genauer. Sein Gesichtsausdruck glich einer Fratze aus Schmerz und Überraschung, außerdem war er verschwitzt gewesen. Wahrscheinlich war er vor seinem Mörder auf der Flucht. Doch wer auch immer diese Tat vollbracht haben musste, hat diesen armen Tölpel leiden lassen. Erst beim zweiten Blick, fiel Archimedes das dunkle Mal auf seiner Stirn auf. Er erschrak, denn nur zu gut wusste er, was das zu bedeuten hatte. Er hatte es zwar bis jetzt nur einmal in seinem Leben gesehen, aber es reichte aus, um sich ewig in sein Gedächtnis zu brennen. Er bedeckte die Leiche wieder, senkte sein Haupt kurz, stand auf und versuchte sich vorerst nichts anmerken zu lassen. Das was er zu sagen hatte, war nur für die Ohren der Ratsmitglieder bestimmt und nicht für all die Menschen, die sie gerade umgaben.

„Weiß man denn schon, um wen es sich handelt?“

„Nein leider nicht. Wir wissen weder woher er kam, noch haben wir irgendwelche Hinweise über seine Identität. Aber ich vermute mal, dass er zu uns wollte.“

„Kann sein. Chronos lauf zurück und hol Hilfe. Wir müssen ihn von hier wegschaffen, eh irgendeiner Verdacht schöpft und anfängt Fragen zu stellen. Außerdem will ich, dass Claudius die Leiche untersucht, damit wir wissen, woran der arme Kerl tatsächlich gestorben ist. Das ist man auch seiner Familie schuldig.“

Chronos nickte kurz und eilte die Stufen zur Universität hoch. Erst als er außer Hörweite war, zog Archimedes Balthasar zu sich heran.

„Sie ist zurück!“

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Archimedes und Balthasar waren zu sehr damit beschäftigt, die gaffende Menge in den Griff zu bekommen, dass sie nicht bemerkten, wie sich ein junger Mann in einem dunklen Umhang von der Menge löste und in den Schatten verschwand. Hätten sie ihn bemerkt, wäre ihnen mit Sicherheit sein außergewöhnliches Aussehen aufgefallen, wodurch er aus der Menge deutlich hervorstach. Nach seinem Aussehen zu urteilen kam er nicht aus der Gegend. Seine helle Haut und seine hellen Haare bestätigten den Eindruck. Auch seine strahlend blauen Augen waren ungewöhnlich für diese Region. Zufrieden mit dem was er gesehen und gehört hatte, machte er sich auf den Weg, um ihr davon zu berichten. Er musste lachen, die beiden Professoren waren tatsächlich so dumm zu glauben, den Mord schnellstmöglich aufzuklären und den Täter zu überführen. Die Leiche wurde schließlich wie erwartet in die Universität zu weiteren Untersuchungen gebracht. Er musste über die Berechenbarkeit der Menschen lachen. Als ob eine Untersuchung den wahren Täter jemals stellen könnte. Er konnte es sich schon genau vorstellen, wie er ihr die gute Nachricht überbrachte und sie stolz auf ihn war. Ihn mit ihrem Körper belohnte und er endlich an ihrer Seite war. Er konnte nicht leugnen, dass er sie mehr begehrte als alles andere auf der Welt. Niemand der sie einmal erblickt hatte, konnte sich ihrem Zauber entziehen oder sie wieder vergessen. Sie erfüllte sein ganzes Denken und Handeln. In seinen Träumen war er mit ihr zusammen und liebte sie, doch die Wirklichkeit sah anders aus. Bis vor kurzem glaubte er sogar, dass sie ihn nicht einmal wahrnahm. Doch dann geschah es und sie kam mit einem Auftrag zu ihm. Sie schmiegte sich dicht an ihn und hauchte ihre süßen Worte in sein Ohr. Noch jetzt konnte er ihren Atem auf seiner Haut spüren. Seine Nackenhaare stellten sich auf und sein ganzer Körper war angespannt. Am liebsten hätte er sich sofort die Kleider vom Leib gerissen um sie zu bekommen, doch sie schien jeden seiner Schritte vorauszuahnen und konnte sich ihm so früh genug entziehen. Ein wenig enttäuscht nahm er ihren Auftrag an, ohne darüber nachzudenken, was er damit tat. Mit einem Lächeln, dass ihn fast um den Verstand brachte, verabschiedete sie ihn mit den Worten, dass eine Belohnung auf ihn warten würde, sobald er seinen Auftrag zu ihrer Zufriedenheit ausgeführt hätte. Erst in nachhinein wurde ihm bewusst, wie einfach ihr Auftrag war. Er sollte nur beobachten was passieren würde, wenn sie die Leiche finden. Und dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Sie konnte ihn nicht so einfach bevorzugen, er musste erst beweisen, dass er es wert war in ihrer Nähe zu sein. Erst dann konnte sie ihre Zuneigung zu ihm offenbaren. Ein selbstgefälliges breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Das Hochgefühl, das er in diesem Augenblick empfand, ließ ihn letztendlich schneller laufen.

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Mit einer eleganten Bewegung streifte sie ihr rotes Kleid von den Schultern und ließ es kommentarlos zu Boden gleiten. Wie aus dem Nichts tauchte eine gebückte Gestalt auf und hob das Kleid ehrfürchtig auf, so als ob sie fürchten müsste bestraft zu werden, wenn sie das Kleid auch nur falsch ansah. Mit einer kurzen Verbeugung verschwand sie dann genauso schnell wie sie gekommen war. Calista blieb vor dem Spiegel stehen und betrachtete ihren makellosen Körper. Sie fuhr mit den Händen die Kontur ihres Körpers nach, angefangen bei der Brust, bis hinab zur Hüfte. Sie wusste, dass sie mit diesem Aussehen jeden haben und dazu bringen konnte, dass zu tun was sie wollte. Selbst Frauen konnten sich ihr nicht entziehen, wenn sie das wollte. Und diese Gabe war es nun auch, die sie geschickt einsetzte, um so an ihr Ziel zu gelangen. Die Vernichtung der Siegel. Zwar wusste sie noch nicht, bei wem es sich um ein Siegel handelte, doch das war nur noch eine Frage der Zeit. Tief in ihrem Inneren konnte sie die Kraft spüren, die ihr damals fast zum Verhängnis geworden wäre, wenn Er sie nicht rechtzeitig aus dem Abgrund gezogen hätte. Und nun war sie seine ergebene Dienerin. Bereit das eigene Leben zu opfern, nur um Ihm zu gefallen.

Sie riss sich von Ihrem Spiegelbild los und betrat die große Dusche, die mitten in Ihrem Zimmer stand. Eine heiße Dusche war das Einzige, was sie noch mit den schwachen Menschen verband. Ein Überbleibsel aus einer Zeit, die sie fast das Leben gekostet hätte.

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Nervös trat er die Stufen hinauf. Er fühlte sich wie bei ihrer ersten Begegnung. Damals als er sein Leben an sie verkaufte, nur um in ihrer Nähe sein zu können. Ihr Anblick raubte ihm schier die Sinne. Ihr tiefer Ausschnitt überließ nichts der Fantasie und sein Verlangen nach ihr wuchs unaufhaltsam an. Und nun war er nur noch wenige Meter von der Erfüllung seines Traums entfernt. Sobald er die Tür aufgeschwungen hätte und ihr die gute Nachricht überbracht hätte, würde sie endlich ihm alleine gehören. Er malte sich in Gedanken schon aus, wie wunderbar es werden würde sie zu lieben. Er beschleunigte seine Schritte und trat ohne Anzuklopfen in ihr Zimmer.

Wie angewurzelt blieb er stehen und starrte sie mit offenen Mund an. Da stand sie, unter der Dusche in ihrer ganzen Schönheit. Der durchsichtige Vorhang verschleierte nichts und er glaubte sich schon am Ziel seiner Träume. Sie drehte den Kopf zu ihm um und der Blick den sie ihm entgegenwarf war alles andere als der einer Liebenden. Voller Hass und Verachtung blickte sie auf ihn herab. Ihre Stimme, die zuvor noch zuckersüß geklungen hatte, war einer harten und kalten gewichen. All seine Zuversicht schwand und er schien unter ihrem Blick zu schrumpfen.

„Ich hoffe für dich, dass es einen wichtigen Grund gibt, warum du mich hier störst.“

„Ich … ähm … ich …“

„Stammel nicht so herum. Das kann ich nicht leiden. Also warum störst du mich?“

Er sammelte sich einen Augenblick, schluckte seine Angst herunter und trat mutig einen Schritt nach vorne.

„Sie haben die Leiche gefunden und wie erwartet hoch in die Universität gebracht. Ein gewisser Claudius soll sie dort untersuchen, um herauszufinden, woran er gestorben ist.“

Stille trat ein, bis sie auf einmal laut loslachte und sich zu ihm umdrehte.

„Du hättest mir keine bessere Neuigkeit bringen können. Ich bin stolz auf dich. Du hast deinen Auftrag zu meiner Zufriedenheit ausgeführt.“

Sie lächelte, sie musste keine Gedanken lesen können, um zu wissen, was er in diesem Moment von ihr wollte. Er verlangte nach ihr und wollte sie mit jeder Faser seines Körpers verschlingen. Sie drehte den Wasserhahn zu und strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht.

„Du wartest jetzt sicherlich auf deine Belohnung…“

Sie winkte ihn zu sich herüber und stellte sich zu ihm. Sie hauchte ihm einen Kuss auf den Mund und gleitete langsam mit ihren Händen an seinem Körper hinab. Er hielt die Luft an und sein Herz hämmerte wie wild gegen seine Brust. Sie blickte ihn an und hob langsam ihre Hand. Ihr Lächeln war einer eiskalten Maske gewichen. Er griff sich an die Brust und verzog das Gesicht vor Schmerzen. Mit schreckgeweiteten Augen starrte er sie an. Dann schloss sie die Hand zur Faust und mit einem letzten erstickten Schrei glitt er zu Boden und blieb reglos liegen. Sie nahm das Handtuch wickelte sich darin ein und stieg über seinen Leichnam hinweg.

„Du hättest eigentlich wissen müssen, dass ich es hasse gestört zu werden.“

Sie öffnete die Tür und richtete das Wort an ihre Diener, die bereits vor der Tür standen und auf weitere Befehle warteten.

„Schafft ihn mir aus den Augen. Er hat seine Aufgabe erfüllt.“

Lautlos traten sie ein und nahmen die Leiche kommentarlos vom Boden auf und verschwanden unverzüglich mir ihr. Sie zog sich einen seidenen roten Morgenmantel über und ließ ihre noch nassen braunen Haare offen nach hinten fallen. Sie trat an das große, bis zum Boden reichende Fenster und beobachtete mit einer gewissen Genugtuung, wie das Schicksal seinen Lauf nahm und sich bereits die ersten Gewitterwolken am Horizont bildeten und nur darauf warteten, sich im richtigen Augenblick zu entladen.

„So beginnt es also!“

Einen Moment lang blieb sie am Fenster stehen, ehe sie sich lachend abwandte und sich aufmachte, ihren Plan weiter voran zu treiben.